Der Kopf als Projektmanagementtool

Ein Blogbeitrag von Christian Schober

 

Vor vielen Jahren traf ich einmal den Inhaber eines Beratungsunternehmens, der zu diesem Zeitpunkt etwa 30 Berater beschäftigte - europaweit in mehreren parallel laufenden Projekten. Ich traf ihn in seinem Büro und vermisste das emsige Backoffice, das die ganzen Projekte und Menschen "steuern" würde. Aber

es war niemand da. Natürlich gab es Mitarbeiter, aber sie hatten "Wichtigeres" zu tun - wie ich erfuhr. Denn Projektmanagement sagte man mir "machen wir nebenbei und von unterwegs". Das fand ich erstmal recht befremdlich und auf eine bestimmte Weise unprofessionell.

 

Doch zwischenzeitlich sehe ich die Dinge anders.

 

Nehmen wir bspw. die operative Projektsteuerung: Wie viel Zeit wird oft aufgewendet, die ursprüngliche Planung umzuplanen? Aber was heißt "umplanen"? Es bedeutet sehr oft, nur den tatsächlichen Entwicklungen hinterherzulaufen und dann den seinerzeitigen Plan um die Realität anzupassen! Das heißt dann "aktualisieren". Es ist die nachgezogene Dokumentation dessen, was gelaufen ist bzw. wie sich die Realität im Vergleich zur Planung verändert hat. Das soll hilfreich sein für den Projekterfolg? Und wertschöpfend? 

 

Oder sehen wir uns die Aufgabenverteilung im Team an: Ja - natürlich, die muss es geben, auch schriftlich! Aber dann, wenn das Projekt läuft und sich die Aufgaben inhaltlich, vom Aufwand  und von der zeitlichen Einordnung her laufend verändern, dann.... dann wird es herausfordernd.  In dieser Situation, in der ein Projektmanager bspw. ein Team von 4-5 Personen steuert ist er gut beraten, die beste Datenbank der Welt zu verwenden - seinen eigenen Kopf! 

Wie viel besser als mit einem Tool zu arbeiten ist nämlich der persönliche oder telefonische Kontakt mit den Kollegen, in welchen man die nächsten Schritte einfach, zielführend und sehr effizient besprechen kann. Der Projektmanager ist dadurch sehr nah am Geschehen und erhält ein sehr gutes Gefühl für den Arbeitsprozess, den er "toolbasiert" niemals bekommen würde. Natürlich schadet es trotzdem nicht, alle paar Tage - je nach Bedarf - immer wieder Wichtiges schriftlich nachzuziehen - aber eben nicht zur Steuerung, sondern nur zur Dokumentation.

 

Diese zeitliche und inhaltliche Flexibilität in der Vorgehensweise- quasi der mögliche "Ausbruch" aus der engen Projektstruktur - ist eine Form der spontanen Lösungskompetenz und macht schnell, effektiv und schafft eine besondere Kundennähe!

 

Oder die Reiseplanung: Die besten Erfolge erzielen wir, wenn wir diese eben nicht zentral (durch das Projektmanagement) durchführen lassen und den Kollegen aufzwingen.  Es reicht, einmal an alle Betroffenen zu kommunizieren, wer wann, mit wem, wo sein muss. Nun gibt es noch einen Kostenrahmen und die "Pflicht" nach Möglichkeit gemeinsam zu reisen. Das war's, denn die Mitarbeiter kennen die Verbindungen ab ihrem Wohnort und ihre persönlichen Vorlieben am besten. Und wir verschwenden keine Zeit mit dem Irrglauben, besser planen zu können, als die Betroffenen selbst.

 

Vieles was wir im Wirtschaftsleben tun , wurde uns offenbar so "anerzogen" - der Griff zum Tool, zum Formular und hinein in den "Methodenbaukasten" ist einfach, üblich und wird erwartet. Er schafft vermeintlich Sicherheit und Klarheit, man erfüllt eine Art "Norm". Der Mensch kann mit seinem Kopf aber mehr und sollte sich selbstbewusst trauen, sich situativ auf Situationen einzulassen - aufwandsarm! Der eigene Verstand und etwas Herzblut sind nämlich auch sehr gute Projektmanagementtools!

 

Sie sehen es anders? Diskutieren Sie mit!

 

Grüße aus München sendet Christian Schober 

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